Die Immobilienhochschule
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Dortmunder Innenstadt: Was kommt nach der Benko-Pleite? Foto: Stefan Reinke

Benko-Pleite kann eine Chance für Innenstädte sein

Ausgerechnet große Warenhäuser – und damit deutsche Innenstädte – sind von der Benko-Pleite betroffen. Doch unter bestimmten Voraussetzungen kann das sogar eine Chance sein.

Ein binnen weniger Jahre aufgebautes Milliarden-Imperium befindet sich in Auflösung. Schon scheiden sich die Geister, ob ihr Schöpfer ein Vorzeige-Unternehmer oder eher ein peripherer Menschenfänger sei. Die Auswirkungen auf die deutsche Immobilienbranche werden spürbar sein. Eine Kurz-Analyse von Prof. Bernd-Claas Gesterkamp, Honorarprofessor an der EBZ Business School.

Welche Gefahren drohen?

Der Ausfall eines Unternehmens dieser Größe wird Baufirmen, Nachunternehmer und Dritte an Liquiditäts-Grenzen führen. Banken werden zukünftig konservativer bei der Kreditvergabe vorgehen. Beide Phänomene wirken sich negativ auf die Branche aus. Und das ausgerechnet in der aktuellen Marktlage.

Außerdem werden weitere Warenhäuser in 1A-Lagen schließen, was zu Entlassungen der Mitarbeiter führen dürfte und neben dem sehr bedauerlichen Verlust an Arbeitsplätzen die Vitalität der betroffenen Innenstädte wie ein Paukenschlag treffen wird.

Zugegeben: Das Label Karstadt-Galeria-Kaufhof stand schon lange nicht mehr für ein intensives Kauferlebnis. Abgesehen von wenigen Ausnahmen, glich dieses Retail-Format eher einer alten Freundschaft als einer frisch entfesselten Romanze. Dennoch bedeutet der Gang ins „Warenhaus“ vielen, gerade den Älteren, vertraute Gewohnheit im besten Sinne. Eine Qualität, die in Zeiten politischer Verunsicherung nicht zu unterschätzen ist.

Welche Chancen birgt die Benko-Pleite?

Die Branche sucht bereits seit einigen Jahren nach Antworten, um die „großen Wale“ (Warenhäuser) klug weiterzuentwickeln. Es hat sich gezeigt, dass Mixed-Use-Konzepte grundsätzlich gängige Wege darstellen. Recklinghausen hat, gemeinsam mit der AIP-Unternehmensgruppe aus Düsseldorf unter der Führung des visionären Architekten Gerd Rainer Scholze gezeigt, wie inspirierend die Umwandlung eines 100 Jahre alten Karstadt-Hauses sein kann. Mieten entwickeln sich wieder in marktübliche Sphären, Leerstand geht zurück, Events nehmen zu und vor allem: Die Stimmung unter den Bürgerinnen und Bürgern verbessert sich. Man ist wieder stolz auf seine Heimat.

Voraussetzung dafür ist u.a. eine professionelle, pragmatische und vertrauensvolle Kooperation zwischen Developer und Kommune.

Auf dieser Basis kann die Gefahr der Entschleunigung gebannt werden, denn es muss verhindert werden, dass die betroffenen Häuser für Jahre oder Jahrzehnte stillstehen.

Die größte Chance in der Diversifizierung der Verantwortlichkeit liegt jedoch darin, den jeweils neu zu formulierenden Nutzungs-Konzepten möglichst viel Lokalkolorit zu verleihen. Denn genau dies verstärkt die Identifikation der Bürger mit dem Projekt.

Was dürfen wir erwarten?

Kommunen wie Krefeld, Hanau und Iserlohn machen es bereits: Hier treten die Städte selbst wie Projektentwickler auf, kaufen leerstehende Häuser und initiieren zukunftsfähige Produkte. Diese (z.B. „Schillerplatz“ / Stadtbaudirektor Thorsten Grote / Iserlohn) werden zum Wohle der Bürger gedacht und aus der Logik möglicher Mieter konzipiert. Denn nur was marktfähig ist, wird vom Markt angenommen.

Es kommt nun auf lokal verantwortliche Persönlichkeiten an, die im Sinne der Bürgerinnen und Bürger Netzwerke nutzen, um Ideen voranzutreiben.

Fazit: Auf viele Akteure setzen

Das Thema ist undankbar, denn zu oft wurde der Einzelhandel in der Vergangenheit als Vehikel genutzt, um Immobilien aufzuwerten und damit „Immobilien-Deals“ zu machen. Über Jahrzehnte tradierte Einkaufsgewohnheiten der Bevölkerung und Existenzen sichernde Arbeitsplätze wurden so zur Manövriermasse von Transaktionen weniger Akteure. Gleichzeitig sind es gerade wenige Akteure, deren unternehmerische Visionen genau den wichtigen Treibhammer für unser Land darstellen, damit sich etwas bewegt.

Verlagern wir die Wirksamkeit weg von dem einen Akteur hin zu qualifizierten vielen vor Ort und sehen alle gemeinsam zu, dass wir unsere Heimat schön und stark machen, damit unser Land eine attraktive Zukunft hat. Unsere Innenstädte spielen dabei eine sehr wichtige Rolle.