Die Immobilienhochschule
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Boom an den Wohnungsmärkten – wie geht es weiter?

Die deutsche Wirtschaft befindet sich im Krisenmodus. Politische Entscheidungen wie die Handelskriege der USA oder der Brexit haben zu massiven Verunsicherungen in der Wirtschaft geführt. Somit wird das Wirtschaftswachstum nach 2019 auch im kommenden Jahr mit rund 1 Prozent nur schwach ausfallen. Betroffen war zunächst die Exportwirtschaft, während der private Konsum noch expandierte, jedoch in 2020 endet. Nach Jahren des stetigen Aufschwungs sind angesichts der schwachen Konjunktur zum ersten Mal verstärkte Unsicherheiten über die Entwicklung auf den Wohnimmobilienmärkten zu erwarten.

1.      Wohnungsbau

Der Wohnungsbau boomt mit Fertigstellungen von jährlich gut 280.000 Wohnungen in den letzten Jahren und war damit einer der Wachstumsträger für die Gesamtwirtschaft. Aufgrund der deutlich höheren Baugenehmigungen und des vor allem in den Städten bestehenden Bauüberhangs (Baugenehmigungen werden nicht in Fertigstellungen umgesetzt) ist in den nächsten Jahren damit zu rechnen, dass noch mehr Wohnungen fertiggestellt werden. Das ifo-Institut geht davon aus, dass bis zum Jahr 2022 jährlich über 300.000 Wohnungen gebaut werden. Es ist dabei vor allem dringend notwendig, mehr preiswerten Wohnraum zu bauen. Die Mietkostenbelastung liegt insbesondere bei den einkommensschwächeren Haushalten deutlich über dem Durchschnitt, so geben rund 15 Prozent der Haushalte mehr als 40 Prozent ihres Einkommens für Miete aus.

Gebremst wird die positive Entwicklung beim Bau zum einen durch fehlende Fachkräfte und zu geringe Baukapazitäten sowie stark gestiegene Baukosten. Die Kapazitäten der Bauunternehmen sind heute stark ausgelastet und es benötigt noch Zeit für die nötige Kapazitätsanpassung. Zum anderen wird potenzieller Wohnungsneubau vielfach durch die betroffenen Anwohner be- und verhindert. Während auf der einen Seite gegen die hohen Miete und Preise protestiert wird, können auf der anderen Seite vielfach Projekte nicht oder nur mit erheblicher Zeitverzögerung realisiert werden. Dieses Problem gehört mehr thematisiert und neue gesetzliche Regelungen sind notwendig.

2.      Mietwohnungsmarkt

Die Nachfrage nach Wohnungen profitierte in den letzten Jahren von der günstigen Einkommensentwicklung und insbesondere dem demografischen Trend der Zuwanderung in die Städte. Vor diesem Hintergrund stiegen die Mieten im Durchschnitt der letzten Jahre in den Großstädten um ungefähr 5 Prozent und in den größeren Städten um ca. 3 Prozent.

Die schwache konjunkturelle Entwicklung schlägt sich erst mit einer Zeitverzögerung auf den Mietwohnungsmarkt nieder. Beschäftigungsstagnation und nicht mehr so stark steigende Einkommen dämpfen die Bereitschaft, hohe Mieten zu zahlen. So sind die Zeiten der stärkeren Mietsteigerungen vorbei, wenn auch nicht mit einem Rückgang bzw. Einbruch zu rechnen ist und regionale Differenzierungen notwendig sind. Weiterhin sehr gefragt sind Wohnungen in den angesagten Kiezen in Trendvierteln und Innenstädten. In anderen Stadtbereichen relativiert sich die Lage, da derzeit eine „Abstimmung mit den Füßen“ eingesetzt hat. Die Mieten in den Großstädten sind so hoch, dass einzelne Bevölkerungsgruppen wegziehen und ins Umland ausweichen, wo dann die Mieten steigen. Bei den Inländern sind schon Nettofortzüge aus den Großstädten festzustellen. Andere Bevölkerungsgruppen schrecken die hohen Mieten ab und sie ziehen nicht mehr in die Städte. Hinzu kommen die Fertigstellungen, die das Angebot erhöhen. In den ländlichen bzw. strukturschwachen Regionen gibt es hingegen eine andere Situation, wo aufgrund der demografischen Entwicklung eher weiter zunehmender Leerstand herrscht.

Es ist auch weiterhin damit zu rechnen, dass die Politik bei anhaltenden Mieterprotesten in den Wohnungsmarkt eingreift. Durch politische Maßnahmen wie dem Mietendeckel wird aber keine Wohnung neu gebaut. Weitere Entlastung in den Großstädten versprechen nur weitere Fertigstellungen und eine Verlagerungen der Nachfrage ins Umland durch infrastrukturelle Maßnahmen (z.B. bessere ÖPNV-Anbindung).

3.      Wohninvestmentmarkt

Der Handel mit großen Wohnungsportfolios ist seit Jahren aufgrund des geringen Angebots an verfügbaren Portfolios rückläufig. Während die deutschen Investoren sich eher im Ausland engagieren, sind nun auch wieder Kommunen aus wohnpolitischen und sozialen Gründen als Käufer aktiv. Zwar stellt der deutsche Wohnungsbestand ein beliebtes Anlageziel dar, aber einer zahlungskräftigen Nachfrage steht nur ein begrenztes Angebot gegenüber.

Der Markt von Käufe von (einzelnen) Wohnungen boomt hingegen seit dem Ende des letzten Jahrzehnts. Die Preise sind dabei in den Großstädten jährlich um rund 10 Prozent angestiegen, was das Doppelte der Mietsteigerungen ausmacht. Dementsprechend sind die Multiplikatoren explodiert. Aufgrund der höheren Renditen gewinnen sekundäre Standorte im Umland der Metropolen an Attraktivität für Investoren.

Es kann damit gerechnet werden, dass diese Entwicklung anhält. Da die EZB ihre expansive Geldpolitik fortsetzen wird, sind diese günstigen Rahmenbedingungen weiterhin gegeben. Es ist sehr viel Liquidität vorhanden und die Anlagealternativen sind aufgrund der geringen Verzinsung vielfach unattraktiv. Das erreichte hohe Preisniveau lässt aber das Risiko steigen, dass Investoren sich demnächst zurückhalten werden. Da die Renditen ihre historischen Tiefstände erreicht haben, sind die Investoren gezwungen ihre Strategie zu überdenken. Standen früher noch Wertsteigerungen im Fokus, sind diese bei dem erreichten Preisniveau unwahrscheinlicher geworden. Von daher rückt der Cashflow noch stärker in den Mittelpunkt der Überlegungen.

Die diversen politischen Maßnahmen der Mietenregulierung können eventuell zu einem Rückzug der Investoren führen. Negativ wäre dies, wenn dadurch weniger in den Neubau von Wohnungen investiert würde, weil den Investoren keine entsprechende Rendite geboten werden kann. Falls aber damit Investoren gemeint sind, die ihr Kapital nur zum Kauf von bestehenden Wohnungen nutzen, dann ist dies eher positiv zu sehen. Warnungen davor, dass diese oftmals internationalen Investoren durch politische Maßnahmen verärgert würden, sind hinnehmbar, da deren oft spekulativen Käufe nur preistreibend wirken.

 

Dr. Günter Vornholz, Prof. für Immobilienökonomie an der EBZ Business School in Bochum

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